KI-Systeme zur luftgestützten Erkennung von Plastikmüll in den Ozeanen
Das Drohnenbild zeigt den Versuchsaufbau aus der Vogelperspektive am Strand von Spiekeroog.
Robert Krell, Everwave
Flugzeuge, die regelmäßig Gewässer auf der ganzen Welt überfliegen, um die Verschmutzung zu überwachen, könnten künftig nicht nur Öl- und Chemikalienverschmutzungen auf hoher See, in Küstengewässern und an Stränden erkennen, sondern auch auf der Wasseroberfläche schwimmenden Plastikmüll. Im Projekt PlasticObs+ arbeitet ein Konsortium unter Führung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) daran, die erste luftgestützte Überwachung größerer, zusammenhängender Meeresgebiete zu entwickeln, die Plastik in Gewässern kontinuierlich und nicht wie bisher punktuell erkennt . Die ersten Ergebnisse liegen nun vor.
Plastikmüll in Gewässern ist nach wie vor ein globales, drängendes Umweltproblem, da er das Ökosystem Meer und damit eine lebenswichtige Ressource für Mensch und Tier gefährdet. Jedes Jahr landen rund zehn Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren. Das entspricht etwa einer LKW-Ladung pro Minute. Reste von Tüten, Einwegverpackungen oder Getränkeflaschen finden sich überall auf der Welt, von der Arktis über die Tiefsee bis hin zur Nord- und Ostsee.
Auf der Wasseroberfläche schwimmender Müll wurde bereits in der Vergangenheit aus der Luft erfasst, bisherige Erkenntnisse basierten jedoch überwiegend auf zeitlich und räumlich begrenzten Messungen. Hier setzt das Verbundprojekt PlasticObs+ an. Langfristiges Ziel ist es, Überwachungsflugzeuge, die weltweit bereits routinemäßig im Einsatz sind, mit KI-gestützter Sensorik auszustatten und so ein Messsystem zu entwickeln, das die Fracht an Plastikmüll erfassen kann in die Umwelt aus der Luft. Dadurch wäre erstmals eine kontinuierliche und umfassende Bestandsaufnahme möglich, die Aufschluss über Art, Menge und Größe der Abfälle sowie mögliche Schadstoffquellen gibt. Dies würde eine wissenschaftliche Grundlage liefern, um Maßnahmen, Gesetze und Investitionen zur Sammlung, zum Recycling und letztendlich zur Vermeidung von Kunststoffabfällen zu initiieren.
Zu den Aufgaben des DFKI, vertreten durch den Forschungsbereich Marine Perception in Oldenburg, gehört die Entwicklung von insgesamt vier KI-Systemen. Bei den ersten beiden geht es darum, Plastikmüll während des Überflugs zu erkennen und Hotspots genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein drittes System, das den Abfall nach Art, Größe und Menge klassifiziert, wird später vor Ort zum Einsatz kommen. Schließlich wird ein Feedbacksystem, das menschliches Fachwissen in die Betrachtung der Bilder einbezieht, dazu beitragen, die ersten Systeme kontinuierlich zu verbessern und ihre Vorhersagen zu optimieren.
Die Daten für ihre KI-Systeme beziehen die DFKI-Forscher aus Testflügen in Norddeutschland, die die Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth mit ihren Forschungsflugzeugen durchführt. Ein Sensor unter der Nase des Flugzeugs nimmt Übersichtsbilder der Region auf. Auf diesen muss die KI innerhalb von Sekunden Müll-Hotspots erkennen, sodass ein zweiter Sensor, der weiter hinten unter dem Flugzeugrumpf sitzt, detaillierte Bilder davon macht. Die Herausforderung besteht darin, sagen die DFKI-Forscher Mattis Wolf und Dr. Christoph Tholen, dass „wir einerseits ein großes Gebiet überfliegen und der Übersichtssensor ein niedrigaufgelöstes Bild der Szene aufnimmt, andererseits aber auch die Auswertung innerhalb von Sekunden, aber mit hoher Genauigkeit durchzuführen.
Ein erster Test fand letztes Jahr auf der Insel Spiekeroog statt. Das Projektkonsortium legte am Strand und in den Salzwiesen ein Plastiktestfeld an. Zunächst flog eine Drohne in Höhen zwischen 15 und 100 Metern über das Feld, anschließend flog das Forschungsflugzeug in Höhen von 150 bis 1200 Metern darüber. Das Testfeld bestand aus einer präzisen Anordnung verschiedener Kunststoffarten wie schwarzen PP-Kaffeedeckeln, weißen und cremefarbenen Lunchboxen aus PS sowie blauen und transparenten Abfallbeuteln aus LDPE. Das Team befestigte die Behälter in unterschiedlich großen Gruppen unter Netzen, sodass es nicht zu einem Abdriften kommen konnte. Die zentrale Frage, die die Forscher mit der Kampagne beantworten wollten, lautete: Aus welcher Höhe können die Sensoren der Drohne oder des Flugzeugs Plastikmüll zuverlässig erkennen? Projektleiter Wolf und sein Kollege Tholen bewerten die bisherigen Ergebnisse positiv, denn „sie zeigten, dass Kunststoff in den von uns angestrebten Höhen mit zufriedenstellender Genauigkeit detektiert werden kann“.
Es stellte sich heraus, dass Farbe und Größe der Objekte sowie der Hintergrund eine wichtige Rolle spielten. Auf Gras konnten beispielsweise alle Arten von Kunststoff mit hoher Genauigkeit erkannt werden, mit Ausnahme von schwarzen PP-Kaffeedeckeln aus mehr als 700 Metern Entfernung. Auf Sand nimmt die Genauigkeit aller Kunststoffarten bei 750 Metern ab, wobei LDPE-transparent und erneut PP-schwarz besonders betroffen sind.
Diese und weitere Ergebnisse haben die Forscher in einem Papier festgehalten, das sie dieser Tage auf der OCEANS-Konferenz 2023 im irischen Limerick vorstellen. Carolin Leluschko, die ebenfalls an der wissenschaftlichen Veröffentlichung mitgewirkt hat, sagt: „Um herauszufinden, wie die KI funktioniert, wurden die Bilder aus dem Flugzeug jeweils unabhängig voneinander von fünf Personen untersucht und gekennzeichnet, ob sie Plastik enthielten oder nicht.“ Die Genauigkeit der KI betrug 93,3 %, während die Genauigkeit der von Menschen beschrifteten Bilder 92,6 % betrug.
Obwohl das Konsortium bis zum Ende des Projekts im Frühjahr 2025 noch viel Arbeit vor sich hat, belegen die Zahlen, dass die luftgestützte Fernerkundung in Kombination mit KI-Methoden funktioniert und ein wichtiges Instrument zur Bewältigung des globalen Plastikmüllproblems sein kann. PlasticObs+ steht im Einklang mit politischen Initiativen wie der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung, die darauf abzielen, die Meeresverschmutzung zu reduzieren und die Ozeane zu schützen. Es wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit 1,9 Millionen Euro über drei Jahre gefördert und ist Teil der BMUV-Förderinitiative KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen.
Neben dem DFKI sind drei weitere Partner an PlastiObs+ beteiligt. Die Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth setzt zu Forschungszwecken ihr speziell konstruiertes Flugzeug ein, das als Messplattform für die Aufnahme von Luftbildern dient. Die Optimare Systems GmbH aus Bremerhaven, deren Kerngeschäft die Entwicklung und Produktion von Sensorsystemen und Missionsausrüstung für die luftgestützte Meeresüberwachung ist, steuert ein Verfahren bei, das auf Basis von Multisensordaten hochauflösende Detailbilder generiert. Optimare kümmert sich auch um die Technik und deren Installation in einem Flugzeug. Die everwave GmbH, die mit innovativen Abfallsammelbooten und stationären Flussplattformen weltweit Plastikmüll in Gewässern und an Küsten sammelt, sortiert und recycelt, informiert die Öffentlichkeit und sensibilisiert für einen nachhaltigeren Umgang mit Plastik zum Schutz der Meere.
Einer der nächsten Schritte im PlasticObs+-Projekt besteht darin, weitere Daten zu sammeln. Zu diesem Zweck startete kürzlich das Forschungsflugzeug der Jade Hochschule erneut von Wilhelmshaven aus und überflog ein Gebiet im Norden Deutschlands, in dem zuvor Festivals stattfanden. Weitere Feldversuche fanden in der Nähe von Friedeburg im niedersächsischen Landkreis Wittmund statt, wo die Forscher auf zwei Seen einen künstlichen Streuteppich ausgelegt hatten, ähnlich wie zuvor auf Spiekeroog. „Mit diesen Daten trainieren wir unsere KI-Modelle, die wir dann an der deutschen Küste mit dem Forschungsflugzeug testen“, erklärt Wolf, der in dem Projekt unter anderem dafür verantwortlich ist, rechenintensive und langsame tiefe neuronale Netze stärker zu machen effizient, sodass die KI-Systeme während des Überflugs in Sekundenschnelle zuverlässig Müll-Hotspots finden und aufzeichnen. In einem letzten Schritt soll das System schließlich in Flugzeugen zur Überwachung von Ölverschmutzungen installiert und getestet werden, voraussichtlich in Brasilien.
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